Mylos erster Auslandeinsatz – Friedrich-Elvers-Schule

Stellen Sie sich vor, Sie sind Lehrkraft einer Förderschule und erhalten die verantwortungsvolle Aufgabe, eine wild durcheinandergewürfelte Gruppe von 20 Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarfen in den Bereichen des Lernens und der emotionalsozialen Entwicklung auf eine Reise nach Wien zu begleiten.

„Mylos erster Auslandseinsatz“
Stellen Sie sich vor, Sie sind Lehrkraft einer Förderschule und erhalten die verantwortungsvolle Aufgabe, eine wild durcheinandergewürfelte Gruppe von 20 Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarfen in den Bereichen des Lernens und der emotionalsozialen Entwicklung auf eine Reise nach Wien zu begleiten. Im Rahmen eines Erasmusprojektes erhielt die Friedrich-Elvers-Schule aus Heide, Europaschule, diese Möglichkeit eines Schulaustausches durch das Förderprogramm der Europäischen Union. Mit der Fragestellung „Wie können wir einen Gruppenzusammenhalt schaffen und unsere Schülerinnen in ihren Bedarfen bestmöglich unterstützen?“ kam dann die zündende und treffende Idee. Der 4-jährige Australian Shepherd Rüde „Mylo“, ein bereits ausgebildeter Therapie-und Behindertenbegleithund, welcher bereits 1-2 Mal wöchentlich Schülerinnen bei der Bewältigung des Schulalltags unterstützt, könnte den Kindern und Jugendlichen eine bedeutend große emotionale sowie soziale Stütze sein.


Kurzerhand wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt. Anträge wurden gestellt, Gesundheitszeugnisse vom Tierarzt vervollständigt und die Fluggesellschaft um Sondergenehmigung gebeten. Ermutigt von so viel positivem Entgegenkommen seitens der Behörden und der Austrian Airlines staunten die Schüler und wir Lehrkräfte nicht schlecht, als „Mylo“ unter einem, extra für ihn geblockten, Sitzplatz geduldig Start-und Landevorgang über sich ergehen ließ. Eine Eigenschaft, die sich bereits hier beruhigend auf die aufgeregten und teils mit Flugangst zu kämpfenden Schülerinnen auswirkte.

In Wien angekommen stellte sich die im Internet als sehr hundefreundlich angepriesene Hauptstadt nicht sehr überzeugend dar. Von einer allgemeinen Leinen- sowie Maulkorbpflicht in den öffentlichen Verkehrsmitteln sowie auf öffentlichen Straßen und Wegen bis hin zu zahlreichen Hausverboten in öffentlichen Einrichtungen häuften sich die Einschränkungen für das Führen eines Hundes. Ausgewiesene Hundezonen waren Mangelware und zum Teil nur zeitlich begrenzt verfügbar.

Da es sich bei „Mylo“ jedoch um einen offiziell anerkannten Therapie- und Behindertenbegleithund handelt und er mit einer zertifizierten Kenndecke ausgestattet wurde, hatte er das Glück, von einem Großteil der vielen Hundeverbote in Wien ausgenommen zu sein. Er durfte unter anderem Erlebnisse wie den Tiergarten Schönbrunn, einen Ausflug zum Wiener Prater, eine Greifvogelschau, eine Bergwanderung sowie eine Stadtführung mit seinen Schülerinnen teilen. Außerdem konnte „Mylo“ von der Maulkorbpflicht komplett befreit werden.


Bedauerlicherweise zeigte sich die einheimisch besuchte Förderschule in Wien gegenüber dem Mitbringen des Therapiehundes „Mylo“ alles andere als aufgeschlossen. Es mussten also getreu dem Motto „Not macht erfinderisch“ Problemlösungen geschaffen werden. So sah man an zwei Vormittagen abwechselnd eine norddeutsche Lehrkraft mit „Mylo“ vor dem Wiener Schulgebäude spazieren gehen, da ihm das Betreten des Schulgeländes deutlich untersagt wurde. Auch weitere in den Weg gelegte Steine wurden durch unser eingespieltes Dithmarscher Lehrerteam mit Bravur gemeistert. Es wurden somit spontan Alternativprogramme gesucht, wenn „Mylo“ an gewissen Veranstaltungen nicht teilnehmen konnte und es wurde sogar ein Mietwagen organisiert, da ihm plötzlich der Zutritt zu einem, durch die Förderschule organisierten, Reisebus untersagt wurde.


Während unseres gesamten Wien-Aufenthaltes war es dabei schön zu sehen, wie die Schülerinnen einen ruhigen und rücksichtsvollen Umgang mit dem Hund pflegten und sich an zuvor aufgestellte Regeln erinnerten. So konnten wir „Mylo“ seine nötigen Pausen einräumen, einen möglichst stressfreien Umgang pflegen und ihn auch mal Hund sein lassen.

Durch unseren Therapiehund wurde es ein Leichtes, so manch erhitzte Gemüter schnell wieder zu beruhigen und die Gruppe als eine Einheit zusammenzuhalten. Er wurde auf dieser Reise ein fester Bestandteil unserer Gruppe sowie für die Schülerinnen ein unverzichtbarer Seelentröster und Spielkamerad. Das größte Lob ging von einem Schüler aus, welcher „Mylo“ am Ende unseres Aufenthaltes liebevoll als „seinen Ehrenbruder“ betitelte.


Aus den erlebten Erfahrungen der 5-tägigen Reise nach Wien können wir als Lehrkräfte wieder einmal mehr die positiven Auswirkungen einer tiergestützten Arbeit hervorheben. Gerade auf unsere Schülerinnen mit Förderbedarfen wirkte bereits die bloße Anwesenheit von „Mylo“ entspannend und gleichzeitig motivierend. Vor dem Hintergrund des in Schleswig-Holstein gelebten Inklusionsgedankens ist es umso bedauerlicher, dass an der dortigen Förderschule in Wien kein Zugang zu der tiergestützten Intervention und deren erwiesene positive Wirkungen auf Schülerinnen gefunden werden konnte. Wünschenswert wäre an dieser Stelle eine Erweiterung des Blickwinkels in diese Richtung.

Besitzerin des Therapiehundes Mylo und Verfasserin des Artikels,
Sonderpädagogin Carina Wendorff

Friedrich-Elvers-Schule,
Förderzentrum Heide


E U R O P A S C H U L E
mit dem Förderschwerpunkt Lernen,
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